Von Edison bis Elvis…

Schmöker über die Vorgeschichte der Popmusik

Wer wissen will, „wie die Popmusik erfunden wurde“ (so der Untertitel) kann dies jetzt in dem neu erschienen Sachbuch von Ernst Hofacker nachlesen. Das ist nicht ohne Ironie formuliert, denn natürlich wurde die Popmusik nicht erfunden, sondern entstand – wie alle Kulturphänomene – als Zusammenwirken verschiedenster Entwicklungen. Der kundige Musikjournalist Hofacker hat hier viel Spannendes zusammengetragen.

Er ist dabei bis in das ausgehende 19. Jahrhundert zurückgegangen und erzählt mit großer Detailfreude, wie die bahnbrechenden Erfindungen Schallplatte und Radio gemacht wurden, ohne die Musik kein allzeit verfügbares Konsumgut geworden wäre. Stilistisch liegen die Wurzeln der Popmusik im „Melting Pot“ der USA, wo um 1900 mit Jazz und Blues eine ganz neue Musizierweise entstand, die fortlaufend verfeinert und auch europäisch geprägten Hörgewohnheiten angepasst wurde. Die Traumfabrik Hollywood und der seit 1927 marktfähige Tonfilm waren ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu Elvis: Filme und Schallplatten konnten sich seitdem gegenseitig im Absatz steigern. Die Stars – musizierende Schauspieler oder schauspielernde Musiker – haben seitdem eine Schlüsselstellung in einer zunehmend multimedial und international tätigen Medienindustrie.

Neben Musik und Technik geht es also in Hofackers Buch nicht zuletzt um das Business – um Patente, Talente und ihre mehr oder weniger geschickte Vermarktung. Die Sozialgeschichte kommt ebenfalls nicht zu kurz: Wir erfahren etwa, warum der Jazz in einem Rotlichtviertel von New Orleans geboren wurde oder das Alkoholverbot der Prohibitionszeit viele Big Bands entstehen ließ. Ein abschließendes Großkapitel verlängert die Geschichte der Popmusik bis in die Gegenwart und beschreibt die Auswirkungen der Digitalisierung auf die traditionellen Geschäftsmodelle der Musikindustrie.

Der Autor schreibt anschaulich, formuliert pointenreich und verarbeitet viele Biografien: Pioniere und Legenden, die oft nur noch dem Namen nach bekannt sind, werden so wieder greifbar. Zahlreiche Abbildungen sind zudem eine Bereicherung. Eine Zeittafel und ein umfangreiches Register mit Songtiteln und Künstlernamen erlauben zudem eine Verwendung des Buchs als Nachschlagewerk.

musikschulwelt meint: Ein thematisch sehr breit angelegtes Buch, das jedoch die Popmusik nicht aus dem Auge verliert. Das Schöne daran: Es folgt zwar einer Chronologie – durch die relativ unabhängig voneinander gehaltenen Kapitel lässt sich darin aber je nach Interessenslage auch einfach herumschmökern – bei immerhin gut 400 Seiten durchaus ein Vorteil.

Ernst Hofacker: „Von Edison bis Elvis. Wie die Popmusik erfunden wurde“ 2012

Verlag Philipp Reclam jun. Stuttgart
ISBN 978-3-15-010838-3
24.95 Euro

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