Traumberuf? Musikpädagoge!

Elmar_Preussermusikschulwelt spricht mit dem Musikpädagogen Elmar Preußer, der an der Rheinischen Musikschule die Abteilung Tiefe Streicher leitet, über seine Begeisterung für den Beruf des Instrumentallehrers, seinen Weg dorthin, den Musikschüler von heute und das Faszinosum des gemeinsamen Musizierens.

»Hätte es bloß zu meiner Jugendzeit schon ›Apokalyptica‹ gegeben.« Ein überraschendes Statement des heute 60-jährigen Pädagogen Elmar Preußer für jene finnische Musikgruppe mit vier Cellisten, die den sog. »Cello Rock« international erfolgreich etabliert hat. Er selbst erlernte in seiner Jugend das Cellospiel noch traditionell klassisch … um sich dann anschließend zum Hören der Rolling Stones heimlich in sein Zimmer zurückzuziehen. Heute ist es für den Wahlkölner eine Selbstverständlichkeit, das Unterrichtsrepertoire individuell auf den einzelnen Schüler auszurichten und dabei auch Stile und Techniken zu vermitteln, die weit über die klassische Schule hinausgehen. Nach fast vier Jahrzehnten brennt er immer noch für seine Tätigkeit – und in unserem Gespräch über den Beruf des Pädagogen sowie sein Instrument, das Violoncello, beginnen seine Augen sofort zu leuchten.

musikschulwelt: Wann ist bei Ihnen der musikalische Funke zum allerersten Mal übergesprungen?

Das war im Alter von acht Jahren. Bei einem Musikstudenten, der in der Nachbarschaft wohnte, und dessen Eltern Bekannte meiner Familie waren, habe ich den Celloklang zum ersten Mal erlebt. Es traf mich wie ein Blitzschlag: Ich musste dieses Instrument erlernen, auch wenn das bei meinen Eltern zunächst auf erheblichen Widerstand traf. Meinen ersten Unterricht bekam ich bei eben diesem jungen Studenten. Das war ein sehr spielerischer und lebendiger Unterricht mit vielen Liedern.

Der Celloklang traf mich wie ein Blitzschlag

musikschulwelt: Wann und warum kam es bei Ihnen zu einem ersten Lehrerwechsel?

Leider ging dieser Student nach einem Jahr nach Frankfurt, weil er dort eine Orchesterstelle bekommen hatte. Der nächste Lehrer, bei dem ich dann bis zur Hochschulreife lernte, gestaltete seinen Unterricht völlig anders: genau und systematisch, aber leider auch recht trocken. Er brachte (etwas, was ich bis heute absolut nicht verstehen kann!) nie sein Cello mit in den Unterricht, sodass ich nur sporadisch (mit anderen Schülern) Duos spielte. Nur ab und zu, wenn er mal Unterricht nachgeben musste, bestellte er mehrere Schüler zu sich nach Hause und spielte mit uns Duos, das war für mich jedes Mal ein Fest!

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Allein an der Rheinischen Musikschule Köln lehren drei Kollegen, die Elmar Preußer von Kindesbeinen unterrichtet hat, weitere wurden Schulmusiker: »Vielleicht hat meine eigene pädagogische Laufbahn sie ja auch eher in diese Richtung beeinflusst.«

musikschulwelt: Wie kam es zu dem Entschluss, nach dem Abitur Musik zu studieren?

Ich besuchte in meiner Heimatstadt Düsseldorf ein Gymnasium mit reichem Musikleben, habe auch im Jugendsinfonieorchester gespielt und keine Gelegenheit versäumt, Kammermusik zu machen. Viele beglückende Konzerterlebnisse haben den Berufswunsch langsam heranreifen lassen.

musikschulwelt: Stand für Sie bei Studienbeginn bereits fest, dass Sie keine Karriere als Solist oder Orchestermusiker anstrebten?

Nein, als junger Mensch hat man sehr diffuse Vorstellungen vom Musikstudium. Natürlich denkt man eher an das Spielen und Konzertieren als an das Lehren. Als ich während des Studiums im Alter von 22 Jahren zu unterrichten begann, merkte ich aber schnell, dass mir das Spaß machte und dass ich auch mit den Schülern gut zurechtkam.

musikschulwelt: Gibt es einen Künstler unter den zahlreichen international gefeierten Cellovirtuosen, den Sie persönlich besonders verehren?

Bis heute verehre ich besonders den amerikanischen Cellisten Yo-Yo Ma. Seine Interpretationen beispielsweise der Cellokonzerte von Joseph Haydn oder der Bachschen Cellosuiten sind zeitlos und setzen Maßstäbe. Darüber hinaus bewundere ich seine enorme musikalische Vielseitigkeit: von Jazz bis Weltmusik, ganz besonders sein »Silk Road Project«, durch das er Musiker der halben Welt zum interkulturellen Austausch zusammengebracht hat.

musikschulwelt: Was hat das Violoncello für Sie so Besonderes, um mit ihm ein gesamtes (Berufs-)Leben zu verbringen?

Was mich immer wieder fasziniert, ist der sonore Klang des Instruments, der sich auf den ganzen Körper überträgt. Diese Faszination ist bis heute geblieben, auch wenn ich als Pädagoge und Fachleiter nicht mehr so oft zum Spielen komme und auch leider nicht zum kammermusikalischen Musizieren.

Duo bei einem Klassenkonzert im Sommer 2013

Duo bei einem Klassenkonzert im Sommer 2013

Mit jedem Schüler erlebe ich die Musik neu

musikschulwelt: Was macht für Sie die Faszination an dem Pädagogenberuf aus? Mit neuen Schülern müssen Sie ja stets wieder von vorne beginnen, jede Menge schiefer Töne ertragen … und wenn ein junger Cellist dann richtig gut spielt, wechselt er womöglich an die Hochschule.

So merkwürdig es klingt: Ich erlebe mit jedem neuen Schüler auch die Musik neu, höre sie mit seinen Ohren, lese die Noten mit seinen Augen. Das macht jede Unterrichtsstunde für mich interessant. Wenn ich einem Schüler etwas Freude vermitteln konnte, wenn ich ihm helfen konnte, ein Problem zu meistern, ist das immer ein Glücksmoment. Wenn ich ihn gar bis zu einer Eignungsprüfung an einer Musikhochschule begleiten konnte, ist das sicher ein besonderer Erfolg. Aber das Vermitteln in eine Profikarriere sehe ich nicht als meine zentrale Aufgabe.

Apropos Hochschule: Was ich allerdings immer vermisst habe, ist ein partnerschaftliches Verhältnis von Hochschule und Musikschule, wie es beispielsweise in den USA existiert. Ich würde mir wünschen, dass wir Musikschullehrer mit den Professoren in ständigem Austausch wären, sodass beide Seiten voneinander lernen könnten.

musikschulwelt: Sie haben als Lehrer ja mittlerweile viele Generationen von Schülern begleitet. Was unterscheidet die heutige Generation von früheren?

Mir scheint, dass die Schüler immer weniger »musikalisiert« sind, d.h., sie sind kaum noch gewohnt zu singen. Ihr mageres »Repertoire« beschränkt sich meist auf »Bruder Jakob« und »Alle meine Entchen«. Da müsste schon in der frühkindlichen Förderung ganz viel passieren, es entsteht sonst ein musikalisches Defizit, was später nur sehr schwer wieder aufzuholen ist. Denn eine präzise Tonvorstellung ist für das Erlernen eines Streichinstruments unabdingbare Voraussetzung.

Präzise Tonvorstellung und Konzentrationsfähigkeit sind Voraussetzung

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Elmar Preußer veröffentlichte kürzlich die »Duo-Schatzkiste« mit 57 Originalkompositionen vom Barock bis zur Moderne bei Schott Music (ED 21386). Eine Rezension finden Sie bei Klick auf das Bild.

Eine andere Beobachtung ist, dass durch die zunehmende schulische Belastung und vielleicht auch durch den »Häppchenkonsum« mittels moderner Kommunikationselektronik die Konzentrationsfähigkeit abgenommen hat. Celloschulen, die ich vor 30 Jahren benutzt habe, funktionieren nicht mehr, und das nicht nur wegen ihrer oft langweiligen Übungsstücke. Heute müssen die Stücke kürzer sein und auch immer wieder neue Reize bieten.

musikschulwelt: Was macht für sie einen »guten« Celloschüler aus?

Neugierig zu sein, viel auszuprobieren! Ich freue mich immer, wenn ich merke, dass ein Schüler eigene Ideen hat, das ist das Allerwichtigste. Oder wenn er versucht, etwas Gehörtes nachzuspielen, oder wenn er selbst etwas komponiert oder improvisiert, dann weiß ich, dass ich es mit einer musikalischen Persönlichkeit zu tun habe.

musikschulwelt: Wobei natürlich Kinder und Jugendliche von ganz unterschiedlicher Begabung (oder auch Nichtbegabung!) bei Ihnen im Unterricht sitzen …

Nicht jeder soll (und kann) Solist werden, aber jeder sollte – gemäß seiner Begabung – musikalisch möglichst autonom werden, d.h., er sollte dahin kommen, dass er durch sein Spiel (allein oder mit anderen) sich immer wieder in seinem Leben neue Horizonte eröffnen kann.

Durch das Musizieren neue Horizonte eröffnen

Natürlich musste ich einem Schüler und seinen Eltern auch schon einmal sagen, dass ein weiterer Unterricht aus meiner Sicht keinen Sinn macht, wenn ich nach vielen Versuchen gemerkt habe, dass ich den Schüler nicht motivieren konnte. Besonders wenn der Wunsch nach Instrumentalunterricht einseitig von den Eltern kam, war das Scheitern häufig.

musikschulwelt: Haben Sie abschließend einen Tipp für den jungen Celloschüler?

Da möchte ich einfach das Zitat des Komponisten Robert Schumann wiederholen, das ich als Motto über meine »Duo-Schatzliste« gesetzt habe:

»Versäume aber keine Gelegenheit,

wo du mit andern zusammen musiciren kannst, in Duo’s, Trio’s &c.

Dies macht dein Spiel fließend, schwungvoll.«

Elmar Preußer, Jahrgang 1953, studierte nach dem Abitur 1972 Schulmusik an der Musikhochschule Köln und Geschichtswissenschaft an der Kölner Universität. Im Anschluss daran studierte er Instrumentalpädagogik mit Hauptfach Cello. Nach Lehrtätigkeit an den Musikschulen Düsseldorf und Rheinbach ist er seit 1992 Leiter der Fachbereiche »Tiefe Streicher« und »Ensemble« an der Rheinischen Musikschule Köln. Schwerpunkt seiner Lehrtätigkeit ist der Unterricht am Musikzweig des Humboldt-Gymnasiums. Darüber hinaus leitet er das dortige Streichorchester »StringMix«.

musikschulwelt bedankt sich für diesen Interview, das Alexander Reischert führte.

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